Kennen Sie das Milkrun-Prinzip?

Das Milkrun-Konzept oder auch Milkrun-Prinzip ist ein Logistikkonzept. Wir erklären kurz seine Bedeutung und Funktionsweise für die heutige Beschaffungslogistik.

Grundidee und historischer Ursprung des Milchmann-Konzepts

Das Konzept des Milchmanns (Milkrun) beruht auf der Idee, dass nur das Material, das verbraucht worden ist, wieder aufgefüllt wird. Als Vorbild diente der traditionelle Milchjunge in den USA und England, der eine Milchflasche nur dann bereitstellte, wenn er eine leere Flasche mitnehmen konnte. Der Milchnachschub orientierte sich am vorhandenen Leergut, das in diesem Zuge gleich wieder mitgenommen wurde. Dabei werden der Wiederbeschaffungszyklus und die Route, ähnlich einem Busfahrplan, im Vorfeld bereits festgelegt. Das ist effektiv und spart Zeit und Kosten bei der Produktverteilung (Distribution).

War der Milchjunge in der Distributionslogistik tätig, kommt das Milkrun-Konzept heute in der Beschaffungs- und Produktionslogistik zur Anwendung. Auf Grundlage der bestehenden Verbrauchswerte wird ein Versorgungskreislauf definiert, auf dessen festgelegten Routen zu bestimmten Zeiten Ware geliefert und gleichzeitig Waren und Leergut wieder mitgenommen wird. In Hinblick auf Effektivität, Kosteneinsparungen und Nachhaltigkeit hat das Konzept über die letzten Jahre einmal mehr an Bedeutung gewonnen.

Das Milkrun-Konzept: Ein Zulieferkonzept in der Materialwirtschaft und Beschaffungslogistik

Das Milkrun-Konzept ist eine Methode1 zur Optimierung der überbetrieblichen Beschaffungslogistik und ein wichtiges Werkzeug/Prinzip des Lean Managements, um Produktionsläufe zu verbessern.

In der Milkrun-Logistik beauftragt ein Versender ein oder mehrere Transportunternehmen, nacheinander verschiedene Lieferanten/Kunden in Form eines Transportkreislaufes anzusteuern. In diesem Kreislauf können gleichzeitig Güter bzw. Leergüter ausgeliefert und wieder mitgenommen werden. Ziel ist ein stets gefüllter Lagerraum und möglichst wenige Leerfahrten. Die Fahrstrecken als auch die Zustellzeiten sind in diesem Kreislauf fest geplant, sodass die Lagerhaltung bspw. in den Niederlassungen eines Unternehmens, möglichst gering bleibt.

Sowohl Lieferketten als auch Produktions- und Montagelinien lassen sich so miteinander verknüpfen. Über den Materialfluss entsteht so ein automatischer Versorgungskreislauf; das minimiert manuelle oder nicht geplante Anforderungen an den Nachschub. Das Festlegen von Losgrößen, Routen und Fahrplänen reduziert zudem die Komplexität im Beschaffungsprozess, steigert die Auslastung bei den Transporten und senkt gleichzeitig die Transportkosten im Unternehmen.

Auch unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit ist der Milkrun ein gängiges Konzept, z.B. bei der Anlieferung/Abholung von Paletten, die so mehrfach genutzt werden. Denn, der Rohstoff Holz ist teuer und aufgrund zahlreicher Waldbrände verknappt. Zwischenzeitlich haben sich die Preise für Europlatten wieder erholt und liegen je nach Qualitätsklasse und ob neu oder gebraucht zwischen 6,70 und 9,65 Euro2 , im Krisenjahr 2022 lag der Preis jedoch zwischen 19,50 und 23,00 Euro.

Die Vorteile des Milkrun-Konzepts

  • Geringere Transportkosten durch kurze Transportzeiten und geringerem Warenumschlag
  • Bessere Planbarkeit in Unternehmen durch feste Zeitfenster
  • Geringere Kapitalbindung durch geringere Lagerbestände bei gleichzeitig hoher Verfügbarkeit der Waren/Produkte
  • Entsorgungslogistik ist in den Versorgungsfluss mit eingebunden
  • Nachhaltigkeit durch optimierte Transportwege und Wiederverwendung von Rohstoffen bei der Verpackung

Die Nachteile und Herausforderungen des Milkrun-Konzepts

  • Zeitintensive Planung, insbesondere bei einer großen Anzahl an Lieferanten/Kunden: Hier müssen u.a. Transportvolumen, Lieferzeitfenster und Lenkzeiten mit betrachtet werden
  • Es muss eine konstante Nachfrage bestehen, bspw. bei einem Unternehmen mit vielen Niederlassungen/Kunden
  • Lieferanten müssen verlässlich liefern können
  • Manche Faktoren wie Verkehrsbehinderungen und Witterungseinflüsse sind nicht beeinflussbar
  • Erst ab einem größeren Radius wirtschaftlich einsetzbar

Wussten Sie, dass

… Indien noch vor den USA mit 106,09 Millionen Tonnen weltweit der größte Erzeuger von Kuhmilch ist?3 In Indien ist es, aufgrund der hohen Temperaturen und dem Mangel an gekühlten Fahrzeugen auch heutzutage noch üblich, dass ein Milchmann die Milch ausliefert. In den Ländern, wie England und den USA hingegen, ist der Milchmann, der dem Konzept seinen Namen gab, so gut wie gar nicht mehr im Einsatz.


Quellen:

[1] Weitere logistische Prinzipien sind u.a. Kanban, FIFO, und Einzelstückfluss.

[2] https://beschaffung-aktuell.industrie.de/rohstoffe/wie-entwickelt-sich-der-preis-fuer-europaletten/

[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37104/umfrage/milch-top-produzenten-weltweit-nach-menge/